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Erbschaftssteuerinitiative gefährdet Schweizer Wirtschaft
«Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert» oder «Initiative für eine Zukunft» – die Erbschaftssteuerinitiative hat zwei klingende Namen. Dennoch ist sie weder gerecht noch zukunftsorientiert, sondern eine Gefahr für die Schweiz. Warum, erklärt Norbert Kühnis, Leiter Familienunternehmen & KMU bei PwC Schweiz.
Die Erbschaftssteuerinitiative will Schenkungen und Erbvorbezüge ab 50 Mio. CHF mit 50% besteuern. Wir von PwC wollten wissen, wie stark das Familienunternehmen in der Schweiz trifft und wie sich diese vorbereiten. Dazu haben wir 224 Entscheidungstragende von Schweizer Familienbetrieben der Deutsch- und Westschweiz befragt. Unser Fazit: Die Erbschaftssteuerinitiative fordert die Schweizer Wirtschaft auf, den Ast abzusägen, auf dem sie sitzt. Denn Familienunternehmen und KMU stellen mit Steuerbeiträgen in Milliardenhöhe und Tausenden von Arbeitsplätzen sicher, dass es den Menschen in der Schweiz gut geht.
Nachfolge aus der Familie
Gemäss unserer Umfrage haben die betroffenen Familienunternehmer/-innen 80% ihres Kapitals in Firmenanteilen oder Immobilien investiert. Das meiste Kapital vermögender Unternehmer/-innen ist also in der eigenen Firma gebunden. Steigt die NextGen im Betrieb ein, so kann sie sich oft (noch) nicht vollständig finanziell beteiligen. Deshalb überträgt ihr die abgebende Generation Firmenanteile als Erbvorbezug oder Schenkung. Um bei einer Nach- folge jedoch das Steuergeld bezahlen zu können, das die Erbschaftssteuerinitiative fordert, müssten viele Familienunternehmer/-innen ihre Firmen verkaufen. Die Studienteilnehmenden befürchten mit Recht, dass die Erbschafts- steuerinitiative eine Nachfolge innerhalb der Familie verhindern könnte. Sie gehen davon aus, dass sie die Eigentumsverhältnisse neu strukturieren oder sogar Arbeitsplätze ins Ausland verlagern müssten.
Fatale Vorwirkung
Das Schweizer Stimmvolk wird voraussichtlich erst 2025 oder 2026 über die Erbschaftssteuerinitiative abstimmen. Doch 66% der Studienteilnehmenden geben an, bereits vorher Vermögenswerte innerhalb der Familie an ihre Nachfolgegeneration zu übertragen, und 57% ziehen einen vorgängigen Umzug ins Ausland in Betracht. Die Initiative liegt mit 50% weit über den internationalen Steuersätzen und will keine Ausnahmen für Familienunternehmen machen. Bisher sind vermögende Personen gerade wegen der vernünftigen Erbschaftsbesteuerung und attraktiven Standortfaktoren gerne in der Schweiz oder sind mitunter deswegen in die Schweiz gekommen. Wird die Initiative tatsächlich angenommen, so könnte das die Innovationskraft und Wachstumsstärke unserer Wirtschaft spürbar schwächen.
Nicht zu Ende gedacht
Bei der Umsetzung im Steuerrecht bleiben viele Fragen offen. Zum Beispiel widerspricht die Initiative zentralen Grundrechten wie der Niederlassungsfreiheit oder der Eigentumsgarantie, die in der Bundesverfassung stehen. Durch Steuern von unterschiedlichen Staatsebenen könnte es in Extremfällen zu einer Vermögensbesteuerung von fast 100% kommen. Gemeinnützige Organisationen hätten ebenfalls Einbussen, da auch Nachlässe besteuert würden.
Fazit
Einer der Erfolgsfaktoren der Schweiz – die starken Familienunternehmen – wird «at risk» gesetzt. Geld, das heute für Investitionen in die Zukunft genutzt wird, müsste für die Erbschaftssteuern verwendet werden. Um die Steuerlast bezahlen zu können, müssten zudem viele Unternehmen verkauft oder zumindest teilverkauft werden. Die Zukunftsfähigkeit der Familienunternehmen und damit deren Arbeitsplätze werden durch die Initiative ernsthaft gefährdet.
Ich bin überzeugt, dass der Schaden für die Schweiz durch die Erbschaftssteuerinitiative die jährlich 6 Mrd. CHF erwarteten Steuereinnahmen weit übertreffen wird.
Autor: Norbert Kühnis, PwC