Fokus
«Die Jungen wollen Verantwortung übernehmen»
Die Nachfolgeregelung in Familienunternehmen will gut geplant sein. Frühzeitige Planung und offene Kommunikation sind wichtige Faktoren. Norbert Kühnis, Partner und Leader Family Business & SMEs von PwC Switzerland, wirkt zum Thema in der Dokumentation «Nachfolge im Familienbetrieb – Von Herausforderungen beim Generationswechsel» von NZZ Format mit.
Das Schweizer Fernsehen SRF hat am 6. Juni 2024 eine Dokumentation von NZZ Format mit dem Titel «Nachfolge im Familienbetrieb – Von Herausforderungen beim Generationswechsel» ausgestrahlt. NZZ Format hat drei Schweizer Familien über einen längeren Zeitraum durch den Nachfolgeprozess begleitet.
Norbert Kühnis im Interview mit ROI Online.
ROI Online: Herr Kühnis, Sie durften in dieser Dokumentation dank Ihrer langjährigen Erfahrung mit Nachfolgeregelung in Schweizer Familienunternehmen mitwirken. Wie war das für Sie?
Norbert Kühnis: Ich war überrascht und gleichzeitig hoch erfreut, als ich von der Produzentin Saskia Heim angefragt wurde. Schön, dass das Engagement von PwC für Schweizer Familienunternehmen und unsere langjährige Erfahrung wahrgenommen werden. Es war sehr ungewohnt aber auch unglaublich spannend und hat mit riesig gefreut bei diesem Projekt mitzuwirken. Und ich habe höchste Achtung für die Familien, welche sich über längere Zeit von der Kamera begleiten liessen.
Es ist offenbar nicht immer gegeben, dass eine Nachfolge gelingt. Was ist Ihre Erfahrung?
Das stimmt. Aus meiner Erfahrung heraus ist es entscheidend, dass die gesamte Familie sich aktiv und offen mit dem Nachfolgeprozess auseinandersetzt. Es ist wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse sowohl der Familie als auch des Unternehmens zu berücksichtigen.
Warum ist das so schwer?
Leider stelle ich immer wieder fest, dass gestandene Unternehmer:innen sich mit Entscheidungen schwertun und diese aufschieben. Man möchte keines der Kinder bevorzugen, also schweigt man – in der Hoffnung, dass das die Nachfolgegeneration irgendwie selbst regelt. Aus meiner Erfahrung weiss ich, dass eine erfolgreiche Lösung mit Bedacht und gemeinsam gefunden werden kann, wenn die Vorgängergeneration diesen Prozess früh startet, in ständigem Dialog mit der Nachfolgegeneration bleibt und bestenfalls eine externe Begleitung hinzuzieht.
Wie denken Sie über Konflikte?
Streit gibt es in jeder guten Familie. Die besten sind darauf vorbereitet. Ein klares Konfliktmanagement hilft, mit Emotionen klarzukommen und die Sache nicht zu gefährden. Der gekonnte Umgang mit Konflikten gehört eigentlich zu jedem Nachfolgeprozess, genauso wie die Definition der Ziele oder die Wahl der Nachfolgekandidat:innen.
Die Dokumentation begleitet einen Event von PwC für junge Familienunternehmer:innen. Was hat es damit auf sich?
Es handelt sich um unseren NextGen & YoungLeaders Club. Hier bringen wir Führungskräfte von Familienunternehmen von heute und morgen zusammen. Da können sie sich in ungezwungener Atmosphäre austauschen, sei es über ihre Herausforderungen, Ängste und Fehler oder über Optionen bei Konflikten. Wir thematisieren immer wieder die Nachfolgeplanung, damit sich Nachfolger:innen von anderen inspirieren und motivieren lassen können, diese grosse Aufgabe anzupacken.
Mit welchen Ängsten hat die Nachfolgegeneration denn zu kämpfen?
Sie fragt sich häufig, ob sie der Aufgabe gewachsen ist. Der Druck, ein Familienunternehmen in der x-ten Generation weiterzuführen und selbst irgendwann erfolgreich weiterzugeben, ist riesig. Man will auf keinen Fall als jene Generation in die Unternehmensgeschichte eingehen, die versagt hat.
Was geben Sie der jetzigen Generation mit auf den Weg?
Sie soll loslassen. Die Jungen wollen Verantwortung übernehmen. Aber wenn, dann richtig. Übernimmt ein Familienmitglied mit 30 Jahren die operative Verantwortung und hält 25 Jahre später immer noch keine Aktien, dann ging etwas schief. Je mehr Generationen hinzukommen, desto komplexer wird die Angelegenheit.
Und noch ein Tipp: Vergesst eure Töchter nicht. Sie tragen ein enormes Potenzial für erfolgreiches Unternehmertum in sich. Die meisten Töchter von Inhaberfamilien sind top ausgebildet, motiviert und tatkräftig. Leider werden sie häufig immer noch als zweite Wahl betrachtet oder es gibt Bedenken, wie sich ihre Aufgaben im Unternehmen mit ihrer Familie und Führungsposition vereinbaren lassen. Doch die neue Generation gestaltet neue Führungsstrukturen, die es ermöglichen, eine Balance zwischen Privatleben und Arbeit zu finden.
Danke, Herr Kühnis, für das Gespräch.
Die Dokumentation von NZZ Format ist unter folgendem Link zu finden: NZZ Format - Nachfolge im Familienbetrieb – Von Herausforderungen beim Generationswechsel - Play SRF
(pd./red.)